Trotz FPÖ-Niederlage bei den Wahlen: Österreich rückt weiter nach rechts. Langfristige Gegenstrategien gesucht – und viel Rückgrat.
Das Ergebnis der Nationalratswahl im September ist zwiespältig: Da das fulminante Comeback der Grünen nicht zuletzt dank der Klimabewegung, dort der Denkzettel für die FPÖ mit Grüßen aus Ibiza; eine kriselnde SPÖ, die auf der Stelle tritt – und eine ÖVP, die nach einer eineinhalb Jahre andauernden rechten Regierung unter Sebastian Kurz noch einmal zulegen konnte.
Was das Ergebnis, trotz Klimathema, zeigt: Die seit Jahren betriebene negative Emotionalisierung, nicht zuletzt bei der Verknüpfung der Themen Migration und Sicherheit, geht auf. Die ÖVP hat diesbezüglich viel von der FPÖ übernommen – und Wahlen gewonnen.
Es ist beängstigend, wie stark im Fall von Kurz Sozialabbau und Skandale gebilligt werden. Und dass ÖVP- und FPÖ-WählerInnen immer stärker an Demokratie zweifeln, wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Sora nach der Wahl feststellte.
Plus: 45 Prozent der Bevölkerung wollen, dass die Rechte von MuslimInnen eingeschränkt werden. Das zeigte eine andere aktuelle und ebenso alarmierende Studie.
Nährboden. Das Minus der FPÖ von zehn Prozent bedeutet zugleich auch nicht das Ende der Rechtspopulisten. Die FPÖ ist immer wieder zurückgekommen. Etwa nach der großen internen Krise in Folge des Machtkampfs 2002 („Knittelfelder Putsch“).
Besonders seit Jörg Haider arbeiten sich PolitikerInnen in unterschiedlicher Weise an Bereichen ab, in denen Stimmung zu machen ist, allen voran am „Ausländerthema“, beackern diese Felder, um zu polarisieren, Aufregung zu erzeugen und so Wählerstimmen zu ernten. Das beherrscht auch Kurz. Das seit Jahrzehnten konservative Land verschiebt sich immer weiter nach rechts. Das übrig gebliebene progressive Lager muss sich gegen regelmäßig wiederkehrende Grenzüberschreitungen wehren.
Was tun? Österreich braucht Antworten, um den rechtspopulistischen Teufelskreis zu durchbrechen. Das wird nur auf langfristige Sicht gehen. Progressive Parteien und die Zivilgesellschaft, also u.a. NGOs, Initiativen und auch Gewerkschaften, haben noch stärker an einer offenen, demokratiefreundlichen Gesellschaft zu arbeiten: sich vernetzen, neue Diskurs-Plattformen und -Orte aufbauen. Mutige Ideen wie der neue progressive Thinktank Moment (www.moment.at) rund um Barbara Blaha oder das Datenschutz-Projekt noyb.eu von Max Schrems machen es vor.
Als erster Schritt müssen die vielen bestehenden Organisationen, die unter der (ersten?) türkis-blauen Regierung unter Druck gekommen sind, gefestigt bzw. wieder aufgebaut werden.
Den wiedererstarkten Grünen kommt dabei eine wichtige Rolle zu, sowohl in der Opposition als auch in der Regierung, sollte es dazu kommen.
Ganz entscheidend dabei: Haltung. Sozial und ökologisch denkende PolitikerInnen müssen jetzt Rückgrat zeigen und dürfen keine faulen Kompromisse eingehen – für ihre eigenen WählerInnen, und für unsere Demokratie.
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